Anrufung der Ventilklausel: Der Bundesrat hat gestern entschieden – der Bundesrat hat was?
Schon anfangs 2012 ist der Bundesrat aufgrund der stark zunehmenden Einwanderungsquote von jährlich 75’000 Personen (Zunahme um 15 %) unter Druck geraten. Anfangs April 2012 zog er die Konsequenzen und ruft die Ventilklausel an, und zwar gegenüber acht EU-Oststaaten, wodurch die Schweiz unter internationale Kritik wegen Ungleichbehandlung von EU-Staaten gerät.
Rund ein Jahr später macht der Bundesrat erneut Gebrauch von dem ausgehandelten Recht und ruft die Ventilklausel nochmalig an. Diesmal erweitert auf sämtliche EU / EFTA Staaten.
Die amtierende Bundespräsidentin, Frau Sommaruga, verkündigt gestern sichtlich erleichert gegenüber der Presse, dass die Ventilklausel auf sämtliche Staaten ausgeweitet wird. Was im ersten Moment wie ein Paukenschlag klingt, ist weit weniger als ein gut Schweizerischer Kompromiss – es ist eine Pharse. In bekannten vorauseilendem Gehorsam wurde noch ein selbstauferlegter Pferdefuss in das Verdikt konstruiert. Jahresverträge sind von der Ventilklausel nicht tangiert. Was bedeuet das konkret? Jeder Arbeitgeber, der eine ausländische Arbeitskraft in die Schweiz holen will und an eine Kontingentierung stösst, kann ohne Begründung auf einen Jahresvertrag ausweichen. Noch bevor der Arbeitsvertrag in diesem Beispiel abläuft, erlischt zum einen die Gültigkeit der ohnehin wirkungslosen Ventilklausel im Juni 2014 automatisch und gleichzeitig kann dem Arbeitnehmer eine Niederlassung B ausgestellt werden. Diese hat eine Gültigkeit von 5 Jahren. Nach Ablauf dieser Frist wird in der Regel eine Daueraufenthaltsbewilligung erteilt.
Der Aufschrei von links ist also völlig unbegründet. Nicht einmal die EU selbst hat sich mit scharfen Worten gegenüber diesem Entscheid geäussert, denn ihnen sind diese erläuterten Fakten natürlich bekannt.
Die Tragik an dieser Geschichte ist nicht, ob ein paar Tausend mehr oder weniger immigrieren dürfen! Die Tragik ist, dass die Wählerinnen und Wähler mit den allerplumpesten Mitteln manipuliert werden können.
Fazit
Der Entscheid, die Ventilklausel anzurufen ist innenpolitisches Kalkül und löst das Immigrationsproblem weder für die kommenden 12 Monate noch nachhaltig.
Der Bundesrat ist sich über seine Volksentfremdung wohl bewusst. Der heutige Entscheid ist aber dennoch ein Schwindel. Offenbar rutscht dem Bundesrat das Herz in die Hose bei dem Gedanken an die Volksabstimmung vom 9. Juni 2013. Dann wird nämlich das Volk darüber entscheiden, ob es genügend Vertrauen in das aktuelle politische System besitzt oder es einen weiteren Umbau zur direkten Demokratie wünscht.