Der Anstieg der Gesundheitskosten & Krankenkassenprämien ist das "Sorgenthema Nummer eins" in der Bevölkerung. Hand in Hand mit der Kostenfrage geht der, in allen Bereichen der Pflege, allzeit präsente Personalmangel. In der Schweiz sind die Pflegefachleute die Berufsgruppe mit dem höchsten Personalmangel. Seit Jahren wird nicht einmal die Hälfte des Bedarfs an diplomierten Pflegefachleuten ausgebildet. Und fast die Hälfte aller Pflegenden wollen ihren Beruf aufgeben.
Zusätzlich nimmt die Zahl der Patient*innen im Zuge der Demografie & neuen medizinischen Möglichkeiten stetig zu. Wir haben es heute mit Menschen mit deutlich komplexeren gesundheitlichen Situationen zu tun. Chronische Erkrankungen mit einem erhöhten Pflegebedarf sind auf dem Vormarsch. Dies benötigt die Expertise von gut ausgebildetem Personal. Doch in der Praxis findet eine entgegensetzte Entwicklung statt. Weniger qualifiziertes Pflegepersonal, dafür mehr Hilfskräfte. Diese Formel mag sich kurzfristig positiv auf die Finanzen der betroffenen Gesundheitsinstitution auswirken, doch langfristig wird damit kein Geld gespart. Viel Geld fliesst in die Behandlung von Komplikationen, die nicht aufgetreten wären, mit gut ausgebildetem Personal. Zudem wird den Pflegehelfer*innen zu viel Verantwortung aufgebürdet. Hier wird am falschen Ort gespart! Die Gründe für den Mangel an Fachkräften liegt primär in der Ökonomisierung des Gesundheitswesen.
Die Schweiz ist zudem zunehmend auf die internationale Rekrutierung angewiesen & zwar viel stärker als die Gesundheitssysteme der umliegenden Länder. Dieses Phänomen hat internationale Auswirkungen. Durch Abwanderung von qualifizierten Pflegefachleuten entstehen in deren Herkunftsländer nicht nur Versorgungslücken, sondern diese gehen auch ihren Bildungsinstitutionen verloren.
Aus diesen Gründen wurde die eidgenössische Volksinitiative "Für eine starke Pflege" vom Schweizerischen Berufsverband der Pflegefachleute (SBK) 2017 eingereicht. Der Bundesrat verkannte jedoch die Dringlichkeit und lehnte die Initiative ab.
Es ist wichtig zu sehen, dass sich das Problem in den nächsten Jahren nicht etwa von selbst löst. Im Gegenteil: im Jahr 2045 werden doppelt so viele Menschen in der Schweiz über 80 Jahre alt sein, wie heute. Fast jede Person benötigt im Verlauf ihres Lebens Pflege, entweder zu Hause, im Spital oder im Heim. Betriebswirtschaftliche Theorien, die oft im Kontext der Güterproduktion entwickelt worden sind & auf care-spezifische Anforderungen wenig Rücksicht nehmen, können da gar nicht adäquat auf das Gesundheitswesen angewendet werden. Ohne Pflegende würde das System zusammenbrechen. Sparen am Personal kann im Gesundheitswesen tödlich enden.