„Zur Mittelschicht zählen in der Schweiz gemäss Definition des Bundes jene Haushalte, die (bereinigt um die Haushaltsgrösse) zwischen 70 und 150 Prozent des mittleren Einkommens (Medianeinkommen) erreichen. Für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren entspricht dies einem monatlichen Bruttoeinkommen zwischen 8‘253 und 17‘685 Franken, für Alleinlebende zwischen 3‘930 und 8'421 Franken. Die Spannweite ist also relativ gross und liegt höher als der EU-Schwellenwert. Allerdings sind in den meisten EU-Mitgliedstaaten die Lebenshaltungskosten wesentlich tiefer als in der Schweiz.
Der so durch Einkommensbetrachtung definierte Schweizer Mittelstand lag 1998 noch bei rund 60% aller Haushalte, ist inzwischen jedoch auf rund 50% gesunken.
Das Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz ist von 1998 bis 2018 weit über 50% gestiegen, nämlich von 427 Mrd. Franken im Jahr 1998 auf fast 689 Mrd. Franken im Jahr 2018. Das BIP ist viel stärker gewachsen als die Haushalteinkommen des Mittelstandes, was auf eine Umverteilung von Reichtum weg von der Mittelschicht hindeutet. Denn wenn die Privathaushalte ihr verfügbares (freies) Einkommen in den letzten 15 Jahren nur um 17% steigern konnten, aber das BIP im selben Zeitraum um 50% wuchs, so fragt sich, wohin denn der restliche erarbeitete Reichtum geflossen ist.
Ein immer grösserer Anteil der Krankenkassen-Prämienverbilligungen kommt Bezüger*innen von Ergänzungsleistungen (EL) oder Sozialhilfe zugute. 2009 absorbierten diese Gruppen erst 39% der Prämienverbilligungen, 2014 waren es bereits über 50%. Dieser Trend führt zu einem Verdrängungseffekt. Die 367‘000 EL-Bezüger*innen erhalten einen ständig wachsenden Anteil des stagnierenden Prämienverbilligungskuchens, während für den unteren Mittelstand, der weder EL noch Sozialhilfe bezieht, immer weniger übrig bleibt.
Ein Hauskauf ist für eine Mittelstandsfamilie kaum mehr eine Option. Die hohen Immobilienpreise und eine restriktive Hypothekenvergabe der Banken haben Eigenheime für viele unbezahlbar gemacht.
Die politische Reaktion des lokal verwurzelten, werteverhafteten „alten Mittelstandes“ ist hilflos, schwankt zwischen Trotz und verzweifelter Resignation. Ihre politische Durchschlagskraft ist gering. Gegen den linksliberalen Mainstream kommen die rund 30% der Bevölkerung, welche die „alte Mittelklasse“ stellen, nicht an. Als Populisten verschrien werden sie vom Mainstream vielmehr gezielt ausgegrenzt.“ (Auszug aus „Die Plünderung des Mittelstandes“, Schweizer Schüler- und Studenteninitiative (SSI), November 2019)