Einfach, schnell und neutral informiert
Sicherheit, Kriminalität > Justiz, Rechtssystem
Abstimmung 17. Mai 2009: Biometrische Pässe
Verschiedene Entwicklungen der letzten Jahre haben den Gesetzgeber dazu bewogen, Anpassungen bei Reisepässen vorzunehmen. Einerseits setzen die USA zukünftig auf biometrische Pässe für das Visa-Waiver Programm (siehe Kasten), andererseits sehen die Schengen-Staaten vor, dass biometrische Pässe mit einem digitalen Gesichtsabdruck sowie zwei Fingerabdrücken eingeführt werden müssen. Gegen die Gesetzesvorlage, welche unter anderem eine europäische Verordnung zu biometrischen Pässen und Reisedokumente auch im Schweizer Gesetz verankern würde, wurde mit 63‘733 Stimmen das Referendum ergriffen.
Was wird geändert
Zukünftig wird neben der ID nur noch ein biometrischer Pass (Pass10) angeboten. Daneben hat der Bundesrat die Möglichkeit zu einem späteren Zeitpunkt auch eine biometrische Identitätskarte einzuführen. Gemäss Aussage des Bundesrates soll von dieser Möglichkeit aber vorerst kein Gebrauch gemacht werden.
Im Gegensatz zum heutigen biometrischen Pass (Pass 06, welcher als Pilotprojekt diente) wird der zukünftige zusätzlich zum digitalen Gesichtsbild und den Passdaten auch digitale Fingerabdrücke enthalten. Die Fingerabdrücke sollen aus Sicherheitsgründen nur mit entsprechender Zertifizierung innerhalb des Schengen-Raums auslesbar sein.
Die Ausweisdaten der Inhaber, einschliesslich eines digitalen Fotos, werden wie heute im Informationssystem für Ausweisschriften (ISA) gespeichert. Neu würden diesem Register die biometrischen Daten der Ausweisinhaber hinzugefügt. Das Register dient der korrekten Identifikation der Bürger zur Ausstellung eines Schweizer Passes.
Neu wäre es auch möglich, Opfer einer grösseren Naturkatastrophe dank den biometrischen Daten im Register identifizieren zu können, wenn andere Mittel nicht ausreichen. Ein Einsatz zu Fahndungs- und Ermittlungszwecken bleibt aber auch weiterhin verboten.
Auswirkungen
Der Bundesrat rechnet für den Betrieb ab 2010 mit zusätzlichen jährlichen Aufwendungen von ca. CHF 14.9 Mio. Die Kosten für einen einzelnen biometrischen Pass sollen sich auf CHF 140 (heute: CHF 250 für den biometrischen und CHF 120 für den normalen) für Erwachsene und CHF 60 (heute CHF 250 biometrisch und CHF 55 normal) für Kinder und Jugendliche belaufen. Im Kombiangebot mit der ID jeweils CHF 148 bzw. CHF 68. Der Bund überlässt es den Kantonen, zu bestimmen, wo der Pass beantragt werden kann. Es ist davon auszugehen, dass die Kantone aufgrund der teureren Infrastruktur diesen Service nicht flächendeckend anbieten werden. Somit kann nicht garantiert werden, dass der Pass weiterhin in der Wohngemeinde beantragt werden kann.
Wird die Vorlage abgelehnt, so geht der Bundesrat davon aus, dass bei Reisen in die USA mit Visumspflicht zu rechnen ist und damit administrative und Visagebühren auf den Reisenden zukommen würden.
Die Schengen-Dublin Verträge, welche in der Schweiz in Kraft getreten sind, sehen die Einführung der biometrischen Pässe vor. Eine Wahlmöglichkeit zwischen normalen und biometrischen ist deshalb ausgeschlossen. Wird die Vorlage abgelehnt, ist im schlimmsten Fall von einer Ausserkraftsetzung der Schengen-Verträge auszugehen. In einem weniger drastischen Fall dürfte es zu Nachverhandlungen über eine spätere Einführung von biometrischen Pässen kommen.
Argumente der Gegner
Die Gegner der Vorlage stören sich einerseits an den höheren Kosten und dem grösseren Aufwand bei der Beantragung, andererseits fürchten sie die mit der zentralen Speicherung von biometrischen Daten verbundenen Sicherheitsrisiken. Die Aufbewahrung der biometrischen Daten werde nur von wenigen Schengen-Staaten in Betracht gezogen und sei in anderen sogar ganz verboten. Die Schweiz hingegen würde ihre Bürger zwangserfassen, ohne dass die Erfassten genau wüssten, zu welchen Zwecken die Daten verwendet werden können. Weiter sehen sie ein Sicherheitsrisiko der Verarbeitung der Daten, da unklar sei, wer alles auf die Daten zugreifen und diese bearbeiten könne. Auch berge die eingesetzte Funk-Technologie der RFID-Chips ein Risiko, da Dritte die Daten auslesen könnten.
Die Gegner beurteilen die Möglichkeit des Bundesrates, auch eine biometrische Identitätskarte mit denselben Merkmalen wie beim biometrische Pass einzuführen, als kritisch und sehen nicht, weshalb man im Inland eine biometrische Identitätskarte benötigt. Auch sehen sie damit die persönlichen Daten in Gefahr, welche von Dritten mit kompatiblen Lesegeräten ausgelesen werden könnten.
Argumente der Befürworter
Die Befürworter der Vorlage sehen bei einer Ablehnung die Reisefreiheit der Schweizer und Schweizerinnen gefährdet. Mit der Annahme würden die Grenzkontrollen vereinfacht und die biometrische Pässe würden für das visumsfreie Reisen insbesondere in die USA benötigt. Die Wahlfreiheit zwischen einem biometrischen und einem herkömmlichen Pass sei wegen den Anforderungen anderer Länder nicht möglich. Weiter sehen sie bei einer Ablehnung den Wirtschafts- und Tourismusstandort Schweiz gefährdet, da riskiert wird, dass Gäste aus China, Indien und Russland ein CH-Visum benötigen und nicht mit dem Schengen-Visum in die Schweiz einreisen könnten. Dies würde die Schweizer Reisebranche schwächen. Bezüglich des unbefugten Abfangens der Daten mittels Lesegeräten sind die Befürworter der Ansicht, dass dies zwar möglich sei, aber die Verschlüsselung der Daten diese Gefahr entschärfe.
Auch sehen sie keine Probleme der zentralen Speicherung solcher Daten, da bereits heute Passdaten zentral gespeichert werden. Sie führen an, dass die Daten des Registers nur für die ausstellende Behörde zur Verfügung stünden, sowie für im Gesetz eng umschriebene Ausnahmen.
Literaturverzeichnis [ ein-/ausblenden ]
Text weiterempfehlen: |
|
Ziel der Vorlage
Um internationalen Entwicklungen gerecht zu werden, sollen in Zukunft nur noch biometrische Pässe ausgestellt werden.
Wichtigste Änderungen
Zukünftig werden nur noch biometrische Pässe mit digitalem Gesichtsbild und Fingerabdrücken angeboten. Diese Daten werden wie die bereits erfassten Ausweisdaten im Informationssystem für Ausweisschriften gespeichert. Eine biometrische Identitätskarte kann vom Bundesrat zu einem späteren Zeitpunkt eingeführt werden.
Argumente der Gegner
- Höhere Kosten der neuen Pässe und aufwändigere Beantragung.
- Erfassung aller Schweizer/-innen in einem zentralen Register.
- Gefahr eines Zwangs für biometrische Ausweise, da der Bundesrat eine biometrische ID einführen könnte.
- Sicherheitsrisiko bei der Speicherung der persönlichen Daten.
Argumente der Befürworter
- Weiterhin einfaches, weltweites Reisen ermöglichen.
- Daten sind heute schon gespeichert und dürfen nicht genutzt werden.
- Schwächung von Wirtschafts- und Tourismusstandort Schweiz verhindern.
- Schengen-Abkommen nicht gefährden.
Positionen
Ein “Ja” empfehlen: Bundesrat und Parlament (NR: 94:81, SR: 34:2), CVP, FDP
Ein “Nein” empfehlen: SVP, SP, Grüne
Visa-Waiver Programm
Die USA gewähren den am Programm teilnehmenden Staaten visumfreies Reisen von 90 Tagen in die USA zu touristischen oder geschäftlichen Zwecken. Um vom Programm zu profitieren ist heute ein bis zum 26. Oktober 2006 ausgestellter Pass 03 (nicht biometrischer) oder der biometrische Pass 06 nötig. In Zukunft ist die Teilnahme am Programm jedoch nur noch mit biometrischen Pässen möglich.
Biometrischer Pass
Ein biometrischer Pass enthält einen digitalen CHIP, welcher per Funk seine Daten an ein entsprechendes Lesegerät sendet. Die Daten können verschlüsselt werden.
Heute geht man davon aus, dass in naher Zukunft die Passdaten sowie ein digitales Gesichtsbild und Fingerabdrücke gespeichert werden. Es wäre aber auch eine Ausdehnung auf weitere Identifikationsmerkmale möglich.
Kommentare von Lesern zum Artikel
Der Verein Vimentis hat sich entschieden, die Kommentarspalte zu den Blogs zu schliessen. In der folgenden Erläuterung erfahren Sie den Grund für diesen Entscheid.
Der Blog, und dazu gehört auch die Kommentarspalte, sind ein wichtiger Teil der Diskussionsplattform von Vimentis. Gleichzeitig sind Werte wie Respekt, Anstand und Akzeptanz für den Verein von grösster Wichtigkeit. Vimentis versucht diese Werte selbst einzuhalten, sowie auch auf der Website zu garantieren.
In der Vergangenheit wurden diese Werte in der Kommentarspalte jedoch regelmässig missachtet, es kam immer wieder zu nicht tolerierbaren Aussagen in den Kommentaren. Das Löschen dieser Kommentare ist heikel und zudem mit grossem Aufwand verbunden, welcher der Verein nicht stemmen kann. Zusätzlich können die Kommentare praktisch anonym verfasst werden, weswegen eine Blockierung der jeweiligen Personen unmöglich wird.
Folglich hat der Verein Vimentis entschlossen, die Kommentarfunktion abzuschalten und nur den Blog stehen zu lassen. Der Blog erlaubt es Personen weiterhin, sich Gehör zu verschaffen, ohne sich hinter einem Pseudonym zu verstecken. Die Änderung sollte die Blog-Plattform qualitative verbessern und all jenen Personen ins Zentrum rücken, welche Interessen an einer sachlichen Diskussion haben, sowie die oben erwähnten Werte respektieren.