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Gotthard Frick sagte October 2013
BEIJING, 15.10.2013
Ein paar grundsätzliche Worte zum Artikel von Frau Evi Allemann. Zur Landesverteidigung habe ich hier auf meinem vimentis-Bürger-Blog meine Meinung schon mehrfach geäussert. Wer interessiert ist, kann sie hier finden.
1.Es gibt keine Speckgürtel von Freunden. Wie der bedeutende Staatsmann Lord Palmerstone schon vor mehr als 150 Jahren mit Bezug auf England sagte, und es General de Gaulle verkürzt und auf Frankreich bezogen während des Zweiten Weltkrieges wiederholte:
STAATEN HABEN KEINE FREUNDE UND KEINE FEINDE. SIE HABEN NUR INTERESSEN!
Nur eine Schweiz, deren Armee stark genug ist, einen Krieg vom Land fernzuhalten, kann hoffen, in einem neuerlichen Krieg davon verschont zu bleiben. "Freunde" würden, wie zur Zeit der napoleonischen Kriege, uns nur dann zu "Hilfe" eilen, wenn das ihren Interessen entspräche, bzw. wenn sie ihren Feind auf unserem Territorium bekämpfen müssten, weil wir nicht mehr selber verhindern könnten, dass er bei uns eindringt, oder um unseren Luftraum, unsere Alpentransversalen, unser Industrie für sich in Besitz zu nehmen.
2. Auf meinem Blog hier kann man unter dem Titel "VON CHINA LERNEN" sehen, dass der neue chinesische Präsident der Volksbefreiungsarmee kürzlich einen sehr klaren Auftrag erteilt hat (wörtlich): „Jeden möglichen Krieg siegreich zu beenden!“ Obschon die Chinesen wie wir Schweizer mehrere Jahrzehnte schönen Wetters hinter sich haben, haben sie ihre Geschichte, besonders die 150 Jahre Ausbeutung, Krieg, Besetzung, Kolonialisierung, Demütigungen durch Europa, Japan und die USA nicht vergessen. Kein Chinese will das Risiko in Kauf nehmen, dass sich so etwas je wieder wiederholt und alle unterstützen deshalb den im Gang befindlichen Aufbau einer starken Streitmacht - ungeachtet ihrer Stellung zum Regime. Kaufkraftmässig ist das chinesische Militärbudget bereits höher als das der USA. Was ein Kontrast zur reichen, satten Schweiz, die glaubt, das schöne Wetter seit gottgegeben auf alle Zeiten gesichert, aus der Geschichte könnten wir keine Lehren mehr ziehen und bräuchten deshalb selber keine Opfer und Anstrengungen für die zukünftige Sicherheit unseres Land mehr zu erbringen.
3. Vor ca. drei Jahren, bei einem Gespräch auf dem Zentralsekretariat der SPS über die Landesverteidigung wurde ich darüber informiert, dass sich die Natur der Menschen in den letzten fünfzig Jahren völlig verändert habe, deshalb sei auch ein neuerlicher Krieg in Europa unmöglich. Ich gestatte mir auf Grund eines Überblicks über 5000 Jahre Geschichte und einer guten Kenntnis der Welt immer noch der Meinung zu sein, dass die menschliche Natur das ganze Potenzial vom Schöpferischen, Kreativen, Menschlichen, bis zum Zerstörerischen, Tierischen, Bestialischen enthält. Je nach den Lebensumständen der Menschen, setzt sich die eine oder andere Seite mehr oder weniger stark durch. In jedem Konflikt der letzten 80 Jahre, einschliesslich des Konfliktes um den Kosovo, also vor nicht sehr langer Zeit in Europa, und der gegenwärtigen Konflikte im Mittleren Osten, wurde und wird uns vorgeführt, zu welchen Bestialitäten die Menschen in rasender Wut, in blindem Hass und auf Grund eigener Leiden fähig sind. Wie werden die Menschen Europas reagieren, falls sie ihre Einkommen und Ersparnisse und Stellen verlieren sollten, weil zum Beispiel der gigantischen Schuldenberg zusammenbricht oder eine Hyperinflation das Geld auf den Wert des Papiers reduziert, auf dem es gedruckt ist? Wir alle hoffen, das werde nicht passieren, aber wer kann es ausschliessen? Wäre es vielleicht nötig, hier nochmals in Erinnerung zu rufen, was Krieg konkret bedeutet, was hunderten von Millionen Menschen in der kurzen geschichtlichen Zeitspanne der letzten 80 Jahre von anderen Menschen alles angetan wurde?
Frau Allemann, wie unendlich viel billiger erschienen in einem solchen Fall rückwirkend die Kosten einer ernstzunehmenden Armee im Vergleich zu den Kosten, in einen Krieg einbezogen zu werden? Vom menschlichen Leiden gar nicht zu reden. Diese Rechnung müssen wir an erster Stelle machen.
4.Weltweit wurde unser Land wegen seiner bewaffneten Neutralität als das friedliebendste, aber auch das wehrhafteste wahrgenommen, sogar von Durchschnittsmenschen hier in China. Als ich einem ca. 50-jährigen, mir unbekannten Architekten, der mich in der U-Bahn Beijings ansprach, auf seine Frage, woher ich sei, sagte, ich sei Schweizer, rief er laut aus, „Ah!“, die Schweizer seien das friedliebendste Volk der Welt, aber jeder Mann und jede Frau sei in der Armee, bereit Freiheit und Unabhängigkeit zu verteidigen. Das sei die beste Landesverteidigung überhaupt. Der Mann war noch nie im Ausland und kannte Frau Evi Allemann natürlich nicht. Als ich vor wenigen Monaten mit einer chinesischen Direktorin einer grossen IT-Firma ein Gespräch führte und wir auf den Territorialkonflikt mit Japan zu sprechen kamen, platzte sie plötzlich aus dem Blauen mit dem Ausruf heraus: "Ihr Schweizer habt ja die bester Armee der Welt". Leider ist das heute nicht mehr so.
Das muss in der gegenwärtigen Weltlage unsere Sicherheitspoltik sein: strikt neutral und eine glaubwürdige Landesverteidigung aufrechterhalten.
Gotthard Frick, SP Bottmingen, z.Zt. Beijing, China
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