Unser tägliches Essen wie unsere öffentlichen Dienstleistungen dürfen nie zum Spielball von globalem Freihandel und Grosskonzernen werden
Bei TTIP ist die Landwirtschaft- und Ernährungswirtschaft nur einer von vielen Branchen, die in die grösste Freihandelszone der Welt eingebunden werden soll. Der Agrarbereich wird einmal mehr zur Verhandlungsmasse, um den Marktzugang für industrielle Güter und Dienstleistungen zu ermöglichen. So unter dem Motto: Hormonfleisch und Chlorhuhn aus den USA gegen Autoersatzteile aus Deutschland. Es ist bekannt, dass die US-Agrarlobby starken Druck ausübt, dass die EU bei landwirtschaftlichen Gütern Zugeständnisse betreffend Qualitätsstandards und dem Vorsorgeprinzip macht. TTIP stellt das europäische (und schweizerische) Vorsorgeprinzip in Frage. Das heisst konkret, dass Gentech-Lebensmittel und Gentech-Saatgut ohne Kennzeichnung in die EU eingeführt werden können, obwohl dies niemand will. Qualitätsstandards würden somit unterlaufen, Konsumentenrechte ausgehebelt und die bäuerliche Landwirtschaft von industrieller, umwelt- und klimaschädigender Agrarindustrie bedroht. Diese Bedrohung würde nach Abschluss von TTIP auch für die Schweiz gelten, muss sie doch in einer Form „andocken". Für unsere Schweizer Landwirtschaft, die ganz auf die Qualitätsstrategie mit höheren Umweltauflagen, Tierwohl und Gentechfreiheit ausgerichtet ist, wäre das fatal. So stellt auch der Schweizer Bauernverband klare Forderungen, die erfüllt sein müssten wie Qualität, Tierwohl, Deklarationspflicht oder die Beibehaltung von geografischen Herkunftsbezeichnungen AOC, denen ich mich nur anschliessen kann.
Wichtig für den Widerstand in der Schweiz wird die von den Grünen CH eingereichte «Fair- Food-lnitiative» sein, die für Lebensmittelimporte Fairness punkto Umwelt, Tierwohl und Arbeitsbedingungen verlangt. Um dies sicherzustellen, braucht der globale Handel mit Nahrungsmitteln klare ökologische und soziale Leitplanken. Andernfalls erodieren bisher erreichte Umwelt- und Lebensmittelstandards durch das Öko- und Sozialdumping, welches von einer global agierenden Agroindustrie ausgeht. Das geplante Freihandelsab-kommen TTIP wird diese Ausgangslage zusätzlich verschärfen. Mit der Fair-Food Initiative hat die Schweiz ein Instrument in der Hand um Vorreiter zu sein für fairen Wettbewerb und eine gerechte Globalisierung.
Zu TISA: Die Grünen waren nicht nur die ersten, die mit Vorstössen kritische Fragen zu diesem plurilaterale Abkommen über Dienstleistungen, das die Schweiz seit 4 Jahren mit 22 Staaten verhandelt, stellten. Sie haben bereits in Städten wie Genf, Zürich, Basel, Bern und Biel Vorstösse eingereicht, die verlangen, dass sich diese Gemeinden zu einer TISA-freien Zone erklären und so ein wichtiges Zeichen gegen das Abkommen setzen. Viele weitere Städte und Gemeinden sollen folgen. Sowohl in TTIP wie TISA geht es um demokratische Selbst- und Mitbestimmung und um verantwortungsvollen fairen Handel. Gerade unser tägliches Essen und unsere öffentlichen Dienstleitungen, die allen Menschen in einer solidarischen Gesellschaft zur Verfügung stehen müssen, dürfen nie zum Spielball von globalen Konzernen und kurzfristiger Profitgier werden.
21. Juni 2016; Maya Graf, Nationalrätin BL, Biobäuerin und Präsidentin SAG