Seit Jahren werden für die AHV und die Sozialwerke Horrorszenarien verbreitet. Bis jetzt ist noch keines von ihnen eingetroffen. FDP-Bundesrat Didier Burkhalter gab zur gleichen Zeit, als seine Partei alarmistische Plakate mit dem Schlagwort „Rentenkollaps“ in der ganzen Schweiz aufhängte, Entwarnung durch. Der Bund hat bis anhin zu pessimistisch gerechnet. Bisher ging das Bundesamt für Sozialversicherung davon aus, dass der AHV-Ausgleichsfonds bereits ab 2020 unter den kritischen Wert von 50 Prozent einer Jahresausgabe fallen wird. Neu wird damit gerechnet, dass dies erst im Jahr 2025 der Fall sein wird. Es bleibt also genügend Zeit, eine sorgfältige und ausgewogene Lösung zu finden.
Die AHV ist ein Jahrhundertwerk von SP und Freisinnigen. Der freisinnige Bundesrat Walther Stampfli setzte sich massgeblich für die Einführung einer Altes- und Hinterbliebenen-Versicherung ein. Der sozialdemokratische Bundesrat Hans-Peter Tschudi entwickelte das Sozialversicherungssystem mit dem Drei-Säulen-Modell und den Ergänzungsleistungen massgeblich weiter. Der AHV verdanken wir es, dass die Mehrheit der Bevölkerung keine Altersarmut mehr befürchten muss. Die Schweizerinnen und Schweizer stehen zur AHV und sind stolz darauf. Die AHV ist ihnen wichtig. Und darum sind wir verpflichtet, das Jahrhundertwerk zu bewahren. Als SP und Gewerkschaften das Referendum gegen die 11. AHV-Revision ergriffen haben, wurden die Unterschriften innerhalb von 48 Stunden gesammelt. Ich kann mich noch erinnern, wie mir die Leute den Unterschriftenbogen regelrecht aus den Händen gerissen haben. Und glauben Sie mir, das passiert nicht oft. Leider steht die Mehrheit der FDP nicht mehr zur AHV. Das gerechte Umlagerungsverfahren ist den Neoliberalen schon lange ein Dorn im Auge. Mittels Schreckensszenarien wollen sie dem Schweizer Volk drastische Rentenkürzungen und Rentenalterserhöhungen schmackhaft machen. Immerhin zeigt Bundesrat Burkhalter eine Dialogbereitschaft und den Willen für eine breit abgestützte und konstruktive Lösung. Dazu bieten wir gerne Hand.
Der Höhepunkt der demografischen Alterung wird etwa im Jahr 2050 erreicht sein. Geburtenstarke Generationen, die sogenannten „Baby-Boomer“ erreichen das AHV-Alter, geburtenschwache Generationen rücken nach. Zur Überbrückung dieser Zeit wird eine Zusatzfinanzierung notwendig sein. Langfristig ist die Balance aber wieder gegeben: Durch wieder steigende Geburtenraten und die Zuwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften. Die Produktivität ist in den letzten Jahren immer gestiegen, die Wirtschaft wächst kontinuierlich. Nach der Stagnation der 1990er Jahre wurde durch die bilateralen Beziehungen mit der EU die Wirtschaft gestärkt. Was nützt aber Produktivitätssteigerung und Wirtschaftswachstum, wenn es nicht allen zugute kommt? Natürlich haben sich die Zeiten und die Arbeitswelt verändert. Wir müssen in der Lage sein, die verschiedenen Bedürfnisse abzudecken. Wer harte körperliche Arbeit verrichtet, zum Beispiel auf dem Bau, muss früher in Pension gehen können, als jemand der beispielsweise eine abwechslungsreiche Arbeit im Büro hat. Darum haben wir uns auch immer für eine gerechte Flexibilisierung des AHV-Alters eingesetzt und werden das weiterhin tun.
Statt Alarmismus brauchen wir längerfristige und gerechte Lösungen. Die SP will daher:
AHV-Lebensarbeitsmodell: Das Recht auf Rente muss von der beruflichen Laufbahn des Einzelnen und von der Beschwerlichkeit der verrichteten Arbeit abhängig gemacht werden. Daher soll künftig das Rentenalter nicht einzig vom Alter abhängen, vielmehr muss auch die geleistete Lebensarbeitszeit berücksichtigt werden. So soll die Pensionierung in der Regel nach 42 AHV-Beitragsjahren erfolgen – frühestens mit 62, spätestens mit 65 Jahren.
Erbschaftssteuer statt Steuergeschenke für Superreiche und Grosskonzerne: Allein durch die Unternehmenssteuerreform II erhalten Grosskonzerne Steuergeschenke in Milliardenhöhe. Die Grosskonzerne und die Vermögenden in der Schweiz wurden im Bund, in den Kantonen und in den Gemeinden sukzessive entlastet. Der Grossteil der Bevölkerung geht leer aus. In der Schweiz werden jedes Jahr 45 Milliarden vererbt, vollkommen steuerfrei. Die Erbschaftssteuer vertritt den urliberalen Gedanken, dass Erben allein keine Leistung ist und darum auch besteuert werden soll. Die zusätzlichen Einnahmen sollen der AHV und den Kantonen zugute kommen. Mit einem hohen Freibetrag sollen KMU und Mittelstand von der Erbschaftssteuer ausgenommen sein.
Kein Rentenklau bei den Pensionskassen, mehr Transparenz und strengere Anlagevorschriften bei den Pensionskassen: Am 7. März 2010 hat das Volk bei der Abstimmung zur Senkung des Umwandlungssatzes bei den Pensionskassen ein klares Bekenntnis zu den Sozialwerken gegeben. Trotzdem braucht es Massnahmen bei der zweiten Säule: Die Berater- und Vermögensverwalterszene haben die Pensionskassen zu einem Selbstbedienungsladen umfunktioniert. Dies gilt es nun zu korrigieren: Es braucht eine Limitierung der Verwaltungskosten und der Gewinne, strengere Anlagevorschriften und eine unabhängige Aufsichtsbehörde.